Mehr Pausen, weniger Füllwörter, weniger Angela-Merkel-Rauten mit den Händen: Rückmeldungen helfen Ihnen, sich als Redner zu verbessern. Doch Feedback bringt Sie nur weiter, wenn es richtig formuliert ist. Von Florian Mück
Im September 2011 lud die IESE Business School, an der ich Gastdozent war, in Barcelona zu einer Präsentation ein: Peter Löscher, damals CEO von Siemens, sprach über Unternehmertum in Europa. 400 Jungmanager lauschten seinem Vortrag. Er war exzellent. Ich aber nahm meinen Block aus der Tasche und fing an, Feedback zu sammeln. Ich dachte: "340.000 Mitarbeiter - aber wer gibt ihm Feedback auf seine Präsentationen?"
Als Trainer blicke ich zurück auf rund 9300 Vorträge und 9300 Feedbackrunden in 88 Unternehmen, 30 Branchen und 14 Ländern. Wenn ich eines gelernt habe, dann das: In der Welt der Präsentationen ist Feedback der stärkste Wachstumsmotor. Manager sollten zwei Dimensionen beherrschen: wertvolles Feedback zu geben und Feedback wertschätzend zu bekommen.
Feedback geben
Ich bin der Überzeugung: Negativ formuliertes Feedback ist wertlos. "Du sprichst zu schnell", "Die Folien haben mir nicht gefallen" oder "Der Präsentation hat eine persönliche Geschichte gefehlt" - solche Sätze geben zu verstehen: Du hast etwas falsch gemacht. Der Absender zeigt keine Bereitschaft, dem Empfänger zu helfen, in Zukunft besser zu werden. Negatives Feedback ist vergangenheitsorientiert, destruktiv und wertlos. Wertvolles Feedback kann nur positiv oder konstruktiv sein. Aber das reicht nicht. Es muss auch zwei entscheidende Fragen beantworten.
Die erste Frage: Warum war etwas gut? Stellen Sie sich vor, ein Teammitglied hält eine Präsentation beim Kunden, die alle Zuhörer in den Bann zieht. Ihnen fällt auf, wie variabel Ihr Mitarbeiter seine Stimme einsetzt. Im Anschluss nehmen Sie ihn zur Seite. Sie könnten sagen: "Deine Stimme war genial." Das wäre nett, aber Hand aufs Herz: Hilft das irgendjemandem weiter - außer Thomas' Ego? Sagen Sie lieber: "Du hast konkrete Dialoge mit konkreten Kollegen in deiner Präsentation nacherlebt. Dadurch hat deine Stimme mehr variiert. Das war genial, denn es hat die Zahlen und Fakten unterhaltsamer rübergebracht."
Die zweite Frage: Wie geht es noch besser? Führungskräfte sind es gewohnt zu sagen, was ihnen an der Arbeit ihrer Mitarbeiter missfällt - weniger, ihnen zu raten, wie sie es besser machen können. Doch das ist ein großer Unterschied. Vereinfacht geht es darum, dem Feedbackempfänger eine Empfehlung zu geben, etwas mehr oder weniger zu tun: mehr Pausen zu machen, mehr Dialoge einzustreuen, weniger Füllwörter zu benutzen, weniger Angela-Merkel-Rauten mit den Händen zu bilden.
Feedback bekommen
Als Führungskraft Feedback einzufordern ist nicht leicht. Das eigene Ego mag im Weg stehen oder überzogener Respekt der Mitarbeiter vor Ihrer höheren Position. Die Mischung ist Gift für eine effektive Feedbackkultur - in beide Richtungen. Wenn Sie Feedback einholen, sollten Sie sich deshalb vier Punkte bewusst machen.
Erstens: Rhetorik ist ein Berg ohne Gipfel. Ich strebe seit 2005 nach Perfektion. Aber mir ist klar geworden, dass ich nie am Gipfel ankommen werde. Ich kann immer nur weiter nach oben klettern. Ohne Feedback bleibe ich im besten Fall stehen - oder rutsche ab.
Zweitens: Feedback fällt nicht vom Himmel. Sie müssen es einfordern. Stellen Sie dazu folgende Frage: "Was hätte ich noch besser machen können?" Diese Frageform lässt nur konstruktives Feedback zu.
Drittens: Geben Sie auf Feedback kein Feedback. Sonst verschrecken Sie den Absender, was ihn davon abhalten wird, Ihnen noch einmal helfen zu wollen. Der Grund: Wer auf Feedback Feedback gibt, geht fast immer in die Defensive. Wachstum braucht Offensive.
Viertens: Es ist ein Irrglaube, dass einem nur bestimmte Personen Feedback geben können. Die Wahrnehmung in einem Publikum folgt der gaußschen Glockenkurve. Es gibt immer 3 bis 5 Prozent, die denken: "Was für eine schlechte Präsentation!" Und 3 bis 5 Prozent denken: "Was für eine geniale Präsentation!" Geben Sie als Redner wenig auf Einzelmeinungen. Machen Sie sich ein Bild von der gesamten Kurve. Jedes Feedback zählt - vom Azubi bis zum Vorstandskollegen.
Auf mein Feedback hin schickte mir Peter Löscher 2011 einen Dankesbrief. "Natürlich freut mich Ihr Lob sehr", schrieb er. "Mehr aber noch Ihre konstruktiven Hinweise ,What could have been even better', die ich mit großem Interesse gelesen habe."
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