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FÜHREN MIT FARBEN

Eine gute Menschenkenntnis ist im Berufsleben eine begehrte Eigenschaft. Mit dem richtigen Riecher für andere muss man nicht geboren werden. Jeder kann die Fähigkeit erlernen. Von Kai-Uwe Harz


Konrad Adenauer ist berühmt für seine etwas ungewöhnlichen Zitate, wie zum Beispiel: "Nehmen Sie die Menschen, wie sie sind. Andere gibt es nicht." In diesem Punkt hatte der erste deutsche Bundeskanzler recht. Wir müssen unser Gegenüber so akzeptieren, wie es ist. Ansonsten kommen wir nicht weiter.


Es stellt sich nur die Frage: Wie ticken denn "die Menschen"? Wir wissen zwar, dass wir alle unterschiedlich sind und somit eine äußerst heterogene Gemeinschaft bilden. Vor allem im privaten Umfeld ist uns das bewusst. Es gibt Freunde, die perfekt zu uns passen; wir teilen ihren Humor, ihre Werte und ihre Hobbys. Und dann gibt es die anderen, die uns womöglich langweilen und mit denen selbst der Small Talk auf der Party anstrengend ist.


Natürlich sind auch die Unterschiede im Arbeitsalltag sichtbar. Der eine liebt Excel-Tabellen, der andere kreatives Schreiben. Interessanterweise wird das intuitive Wissen über diese Zusammenhänge in vielen Unternehmen gerade in der Personalführung vernachlässigt, wo es besonders wertvoll wäre. In meiner Arbeit als Coach beobachte ich häufig folgende Verhaltensmuster:


Recruiting: Viele Chefs achten beim Einstellen von Mitarbeitern ausschließlich auf deren fachliche Kompetenz. Im besten Fall spielen noch Sympathie, Offenheit oder Teamfähigkeit eine Rolle bei der Entscheidung. Dabei sind für verschiedene Positionen in einem Unternehmen völlig unterschiedliche Persönlichkeitsstrukturen erforderlich.


Führungskräftetraining: Die meisten Seminare für Manager laufen nach dem Schema "One fits all" ab. Dabei gilt auch hier: Jeder ist anders, und unterschiedliche Mitarbeiterpersönlichkeiten benötigen ihren ganz individuellen Führungsstil. Einige brauchen einen klar definierten Rahmen, andere haben eher das Bedürfnis nach Freiheiten. Einige freuen sich auf abwechslungsreiche oder neue Aufgaben, andere wiederum bevorzugen das Bewährte.


Mitarbeitermotivation: Wenn Chefs ihren Mitarbeitern etwas Gutes tun wollen, dann berücksichtigen sie dabei selten die individuellen Bedürfnisse. Mehr Geld, neue Projekte, Lob oder andere Incentivierungen können bei unterschiedlichen Mitarbeitern völlig unterschiedliche Reaktionen hervorrufen. Eine vermeintliche Belohnung kann für den einen Mitarbeiter hoch motivierend sein, beim anderen jedoch das Gegenteil bewirken.


Ein zentrales Anliegen meiner Arbeit ist es, dem Menschen zu helfen, seine individuelle Persönlichkeit mit ihren Stärken und Schwächen kennenzulernen und auch die Persönlichkeit seiner Mitmenschen zu erkennen. Wer weiß, wie sein Gegenüber tickt, der weiß auch, wie er mit ihm oder ihr umgehen kann. Wer seine eigenen Bedürfnisse und die seiner Mitmenschen kennt, der führt harmonische und produktive Beziehungen.


Wichtig ist in diesem Zusammenhang: Es gibt keine gute oder schlechte Persönlichkeitsstruktur und auch keine, die Erfolg garantiert oder verhindert. Uns muss nur stets bewusst sein, dass jeder Mitarbeiter durch sein individuelles Persönlichkeitsfenster auf die Welt blickt. Wir müssen ein Verständnis dafür entwickeln, dass Menschen eine bestimmte Eigenart haben. Diese Toleranz unter den Mitarbeitern gilt es zu fördern. Ich nenne das die Toleranz der Andersartigkeit - oder auch den "Führerschein Menschenkenntnis".

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